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Ralph
Grüneberger
Die Ruhe einer Sekunde
Künstlergeschichten
Mit einem Kupferstich von Baldwin Zettl
114 Seiten, Engl. Broschur, weinrotes
Vor- und Nachsatzpapier
ISBN 978-3-943768-44-2
EUR 12,90 EUR
Zu bestellen beim Herausgeber.
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Der Band vereint
neun Künstlergeschichten, die von Malern, Schriftstellern
und Musikern erzählen.
Ein russischer Geigenbauer in Lyon, der feinste Hölzer
zum Klingen zu bringen vermag, lebt von Billiginstrumenten
aus China. Ein Schriftsteller erlebt als Juror, dass auch
für literarische Preise längst nicht mehr die Qualität
der Texte zählt. Ein anderer hofft auf eine Operation,
um von einer fatalen Sehnsucht erlöst zu werden und im
Schreiben endlich Ruhe zu finden. Ein Malerstar kehrt
auf die Insel zurück, wo sein Erfolg begann, weil er
längst sich selbst kopiert. Ein Musiker plant sein letztes
Konzert daheim, als ihm dieses Heim genommen wird, weil seiner
„Bedarfsge-meinschaft“ nur noch eine kleinere
Wohnung zusteht. Hundert Jahre zuvor spielt die Geschichte
einer Pianistin, die an den Rollenmustern ihrer Zeit scheitert.
Und am Ende steht das Märchen von einem Maler, der ein
Mädchen auf seiner Leinwand wieder zum Leben erweckt
und es dennoch verliert ...
Neun Geschichten von Kunst und Künstlern in Grenzsituationen,
wie von einem Kupferstecher in klaren Linien festgehalten.
Ralph Grüneberger wurde 1951 in Leipzig geboren, nach
Fräserlehre und verschiedenen kaufmän-nischen Tätigkeiten
Studium am Institut für Literatur „Johannes R.
Becher“ in Leipzig. Seit 1978 zahlreiche Veröffentlichungen
(Lyrik, Literaturkritik, Kinderbuch, Prosa und Publizistik,
Features,
ein Film und Editionen); seit 1996 Vorsitzender der Gesellschaft
für zeitgenössische Lyrik, Teilnahme an internationalen
Poesiefestivals, Mitglied im deutschen PEN-Zentrum, seit 2007
Herausgeber der Reihe Poesiealbum neu.
Bereits 2011 ist in der
„Edition Ornament“ des quartus-Verlages der Band
Bunte Pleite mit Gedichten von Ralph Grüneberger
erschienen, illustriert mit Zeichnungen von Karl-Georg Hirsch.
Wenige Exemplare sind noch lieferbar.
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Die Kritik urteilt:
Von
Juroren, Geigenbauern und anderen nicht marktkonformen Kreativen
Eigentlich ist Ralph Grüneberger
ein Romantiker. Das hat nicht nur mit Sehnsucht nach einer
heilen Welt zu tun. Als Lyriker – zumal aus Ostdeutschland
– weiß er, dass es für hier Geborene, wenn
sie nicht biegsam wie Knete sind, nicht mal das Versprechen
auf eine heile Welt gibt. Nur die Gewähr auf jede Menge
blaue Flecken, eine Menge Papierkram und den Snobismus der
Verwalter. Romantiker wissen, dass es den Riss gibt.
Und dass der Riss etwas mit Macht zu tun hat, mit Hochmut,
Eitelkeit und der Selbstgerechtigkeit des siegreichen Bürgers,
dem Kunst, Musik und Literatur allesamt „brotlose Künste“
sind und schon immer waren. Aber was kann einer da tun, wenn
er sich zu Markte tragen muss als Künstler?
Das bewegt Grüneberger nun seit 25 Jahren immer wieder.
In Gedichten, in der emsigen Arbeit für die Lyrikgesellschaft
und das „Poesiealbum neu“. Und in den kleinen
Novellen, Skizzen und Parabeln, die er schreibt. Mit Liebe
für all die Künstlerkollegen, die ihm auf seinem
Weg begegnet sind – Maler wie Gert Pötzschig, Musiker,
Dichterkollegen. Er schlüpft in ihre Haut und versucht,
sich ihre Leben zu eigen zu machen. Wenigstens für einen
Moment. Auch gern multimedial als Clip oder Hörbuch.
So wird Mancher seine Geschichte „Der Maler und das
Mädchen“ schon gehört haben. Halb Märchen,
halb Novelle, ein bisschen wie ein umgekrempeltes Bildnis
des Dorian Gray. Nur dass es hier der Maler ist, der im entscheidenden
Moment seinem Gewissen nicht traut und den Wünschen der
ach so begeisterten Auftraggeber folgt. Irgendwo in einem
Dorf hinter den sieben Bergen angesiedelt. In idyllischer
Zeit. Doch den Typus Auftraggeber kennt, wer heutzutage Künstler
ist. Wer solche Aufträge annimmt, verkauft seine Seele.
Was manche Künstler geradezu dickhäutig und grimmig
macht. Nur das nicht.
Es sind so einige Teufelgeschichten in diesem Bändchen,
das Grüneberger aus seinen Künstlergeschichten zusammengestellt
hat. Lauter Varianten des stillen und so verheerenden Verrats
an der Kunst, die Künstler begehen können. Ob sie
nun Mitglied einer der zahllosen Jurys werden, in denen die
Gelder der Stiftungen und Steuerzahler verkuhhandelt werden
unter den immer gleichen eh schon Berühmten. Ob es der
erfolgreiche Maler ist, der so die graue Ahnung hat, dass
er seine Wurzeln auf einer Insel in der Ostsee zurückgelassen
hat – und alle Rückkehr hilft nichts. Er findet
sie nicht wieder – dafür eine Insel im Ausverkauf.
(...)
Grüneberger kennt diese doppelten Einsamkeiten –
die des Künstlers, der etwas Gutes schaffen will und
sich dafür tatsächlich absondern muss vom Zeitgewühl
(auch deshalb ist seine Erzählweise von novellistischer
Ruhe getragen), und die Not, die Klappe halten zu müssen,
wenn es auf den Markt geht, unter die Eiszapfen und Geldbörsenzücker.
Er hat früh gelernt, dass Kunst auch in der deutschen
Literatur vor allem Kuhhandel ist. Das muss ihm schon Anfang
der 1990er passiert sei, auch wenn er sich dafür ein
kleines alter ego schafft, einen Alibi-Ostdeutschen, der an
einer dieser gelackten Jurys teilnehmen darf und erfährt,
wie viel Honig einem die Immerdabeis ums Maul schmieren können,
wenn man ein Stückchen Kompetenz zeigt. Und mit welcher
nonchalanten Art sie drohen können. (...)
Künstler als stille Bettler, die
eigentlich keinen Grund zum Betteln haben dürften, würden
sie auch bezahlt für das, was sie tun.
Das Bittere in den Geschichten ist immer gepaart mit diesem
„Trotz alledem“, ohne das Künstler nicht
weitermachen können. Sie wissen ja um die Fallstricke,
diese Verlockung, dem zahlenden Publikum auch einfach das
Marktgängige zu servieren, mit dem man Geld und Preise
einheimsen kann. Der andere Weg ist der schwerere. Und er
führt immer wieder in Grenzsituationen, Momente, in denen
die Entscheidung auf Messers Schneide steht: sich treu bleiben
oder sich verbiegen für eine warme Mahlzeit?
Vielleicht ist der Preis, den der berühmte Maler, der
auf die Insel zurückkehrt, noch der geringste: das Gefühl,
nur noch den einstigen Erfolg zu kopieren und den Zugang zur
eigenen Kreativität längst verloren zu haben.
Ist ja nicht nur ein Künstlerthema. Das wissen zumindest
die, die sich selbst und ihren Lebenswillen in solchen Geschichten
wiederfinden. Auch für Raabe war das ja kein unbekanntes
Thema. Zeiten ändern sich.
Ralf Julke, in:
Leipziger Internet Zeitung
Ralph Grüneberger erzählt
sprachgenau, anschaulich von der Leidenschaft des Schaffens,
dem Glück der Erleuchtung, von diesem Nicht-Anders-Können
als Klavier zu spielen, Gedichte zu schreiben, zu malen. Von
dem Unverständnis, dem Künstler immer wieder begegnen,
von ihrer oft schwierigen Situation – und von ihrem
Stolz, in der „Ruhe einer Sekunde“ sich selbst
die Treue zu halten.
Irmtraud Gutschke,
in: Neues Deutschland
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