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Hans-Jürgen
Döring
Ins Meer gerufen
Gedichte
Hrsg. und gestaltet von
Jens-Fietje Dwars
Mit einem Nachwort von Martin Straub und zehn Zeichnungen
von Werner Löwe
68 Seiten, Engl. Broschur, weinrotes Vor- und Nachsatzpapier
ISBN 978-3-943768-13-8
EUR 11,90 EUR
Zu bestellen beim Herausgeber.
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„Da will
einer heraustreten aus den scheinbar unverrückbaren Koordinaten
des Alltags, dem Mahlwerk gesellschaftlicher Strukturen, aus
dem Sprachschrott und dem Wortgeklingel der Verheißungen.
Da ist ein Leiden an der Welt, an Strukturen, die den Menschen
nicht zu ihrem ‘Eigentlichen’ kommen lassen. Der
Politiker Döring muss und will sich damit herum schlagen.
Aber kann das schon alles sein? Der Lyriker Döring verlangt
mehr und geht mit seinen kurzen, pointierten Gedichten aufs
Ganze. Er will heraustreten aus der Enge, weg von den Konventionen:
Komm ins Offene, zitiert er Hölderlin, wissend, was es
mit der bleiernen Zeit auf sich hat.“
(Aus dem Nachwort von Martin Straub.)
Hans-Jürgen Döring
wurde 1951 in Magedeburg geboren und lebt in Worbis. Nach
einem Studium an der Pädagogischen Hochschule in Magdeburg
war er von 1974 bis 1990 Deutsch-Lehrer, hat die SPD im Eichsfeld
mitbegründet und ist seit 1990 Mitglied des Thüringer
Landtags, dort medien- und kulturpolitischer Sprecher der
SPD-Landtagsfraktion.
Er schreibt seit vierzig Jahren Gedichte und Lieder, die er
selbst vertont.
Bereits 2007 erschien in
der „Edition Ornament“ des quartus-Verlages sein
Band Theatrum Mundi mit 33 Gedichten und 22 Zeichnungen
des Weimarer Grafikers und Bildhauers Walter Sachs.
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Leseprobe
Rinnsal
dein Name liegt
im Gras
Rinnsal des Regens
ich laufe die Straßen
hinab
durch Zäune endlos
fall in den Brunnen
bin ein Frosch
ein König, sieh‘
meine Kugel
aus reinem Gold
ein Tropfen
von deinem
Blut
Die Presse urteilt:
Ein Politiker, der selbstironische
Gedichte schreibt - was viele für ein Ding der Unmöglichkeit
halten, versucht der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen
Döring mit einem kleinen Band aus dem quartus-Verlag.
Der ehemalige Lehrer hat sich in langjähriger Tätigkeit
als Landespolitiker nicht nur seinen Wortwitz und sein Sprachgefühl
erhalten. Er hat als medien- und kulturpolitischer Sprecher
seiner Fraktion auch eine Möglichkeit gefunden, seine
Vorlieben beruflich nicht ganz aus den Augen zu verlieren.
In seiner Freizeit indes obsiegen die Liebesgedichte und humorvollen
Kurzzeiler ganz klar über Sitzungsordnungen, Planungen
oder Gesetzesvorlagen - und gipfeln in Zeilen wie diesen:
"- Komm, Du ungestüme Braut -
zeig mir deine Rippen
lass uns liegen Haut an Haut
eh' verkalkt wir und ergraut
aus dem Leben kippen"
Wie viel Döring in jeder einzelnen Zeile steckt, merkt
der Leser schnell. Döring braucht keine Langfassungen,
um seine Themen auf den Punkt zu bringen. Seine Sicht der
Dinge ist klar umrissen, sein Spektrum breit, seine Sprache
anregend und pointiert. Zeichnungen des Malers, Bildhauers
und Grafikers Werner Löwe treten zudem in sachte Zwiesprache
mit den Döring-Gedichten.
Michael Hametner, in: Bücherkiste | MDR THÜRINGEN
JOURNAL | 09.07.2013
Was
ist für ihn, den verantwortungsbewussten Politiker und
umtriebigen Versschöpfer Döring, das Eigentliche?
Zwei Herzen schlagen in seiner Brust. Der Poet, der im Plenarsaal
nicht zum Zuge kommt, sucht seine Freiräume und findet
sie in lyrischen Fantasien, in Bilanzgedichten und Rollenspielen.
Man weiß, dass Döring bei allen Gelegenheiten dichtet
- im Zug, im Auto, auf Spaziergängen und - während
des einen oder anderen in die Länge gezogenen Redebeitrags
- wohl auch im Landtag. Dann fallen ihm Verse ein wie dieser:
"Wenn der Mond kommt / geh in den Schnee". Er muss
nicht aufstehen und den schlechten Redner brüskieren,
es reicht ja, wenn sein Bewusstsein sich erhebt. Es gibt Leser,
die bekommen angesichts dieses "Seufzers" einen
feuchten Blick: "Tief unterm Meer / deiner Augen / ein
sanfter Regen // Verschlepptes / Lavendelblau". Zurecht.
Es ist einfach schön.
Frank Quilitzsch, in: Thüringische Landeszeitung
(TLZ)
Ein dichtender Politiker? Ein Dichter, der Politik treibt?
Kann das gut gehen? Die Berufspolitiker könnten sagen:
Dichten macht weltfremd. Die Feingeister könnten einwenden:
Politik schadet der Lyrik. Die Wohlmeinenden könnten
vermuten: Kunst ist der Ausgleich zur Politik. Nichts von
alledem trifft auf Hans-Jürgen Döring und seine
Lyrik zu. Sein Kunst-und Politikverständnis wurzelt tief
in der Bürgerbewegung der sich auflösenden DDR,
das macht ihm das Leben schwer und seine Lyrik selbst bei
den schwierigsten Themen leicht. Eben, weil sich Hans-Jürgen
Döring als Dichter
hohen Ansprüchen stellt, muss er den „Widerspruch
aushalten“ (Peter Weiss) zwischen dem Sich-Selbst-Treu-Bleiben,
dem „sich nicht zum Hopf“- Machen „im dauernden
Remake mit dem Blick nach oben“ (S. 14) und der Möglichkeit,
„ins Offene“ (Hölderlin) zu kommen, aus der
Spur zu treten (vgl. 43). Aus dieser widerständigen Kultur
erwächst eine Lyrik: ernsthaft, leicht, filigran, bodenständig
und fast schwebend zugleich, eine Lyrik, die sehr oft von
einer leisen Heiterkeit durchwirkt ist.
Die Sprache aller Gedichte dieses Bandes ist klar und einprägsam.
Traditionelle Formen (wie das Sonett) und den in der modernen
Lyrik selten gewordene Reim setzt Hans-Jürgen Döring
spielerisch ein. In Raues Sonett dienen sie ihm gar als Mittel
der Satire. Alle Gedichte sind von einem ruhigen Rhythmus
getragen und zeichnen sich durch einen ganz eigenen Wortklang
aus.
Nicht selten blitzt ein verschmitzter Humor in den Gedichten
auf und verbindet sich mit feiner Selbstironie und einer Spur
Melancholie, wie in dem Gisela Kraft gewidmeten Gedicht Yakamoz.
Das türkische „Yakamoz“ bedeutet im Deutschen
so viel wie das Spiegelbild des Mondes auf dem Wasser. In
diesem Spiegelbild begegnen sich die im Jahr 2010 von uns
gegangene Dichterin Gisela Kraft und ihr Dichterfreund noch
einmal.
Der feine, leise Humor ist es, der manchen Gedichten des Bandes
Ins Meer gerufen ihren unverwechselbaren Ton verleiht ...
Dietmar Ebeert, in: Palmbaum, Heft 1/2014
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